Skorpion, Tiger und die erste Nacht im Freien


Vorgestern Mittag, 3. Oktober 2016. Ich ahne nichts Böses, doch gegen Mittag fängt es urplötzlich an wie aus Kübeln zu gießen.

 

Ich nutze die Gelegenheit und mache eine kleine Pause, um kurz danach wieder zu starten. Doch ich komme nicht weit. Keine 30 Minuten später dreht der Himmel schon wieder den Wasserhahn auf. Also gehe ich Mittagessen. Fried Rice mit etwas Chicken. Oder zu deutsch: gebratener Reis mit Huhn.

 


Mein persönliches Ziel ist es heute auch wieder Minimum 100 km zu schaffen. Aber das ist nicht der Grund, warum ich den berühmten Tiger-Tempel rechts liegen lasse. Nein, ich stehe nicht auf so eine Touristenabzocke und wenn das dann noch auf Kosten von Tieren geht, dann ohne mich. Erfreulicherweise wurde der Tempel im Mai diesen Jahres unter sehr unerfreulichen Umständen geschlossen.

 

Selbstredend fahre ich auch an allen Elefantencamps und sonstigen Bespassungseinrichtungen vorbei.

 

Mein selbst gewählter Trip ist Abenteuer genug, ich muss mich nicht an einer Zipline von Baum zu Baum schwingen, oder auf einem Floß mit acht kreischenden Menschen den Mekong runtereiern, um mein langweiliges Leben ein paar Wochen im Jahr aufzuwerten. Nein, da paddle ich lieber den Yukon oder irgendeinen anderen Fluß runter. Ohne GPS und den ganzen Sicherheitsfirlefanz.

 

By the way: erneut habe ich mit dem Fahrrad ohne Navi aus Bangkok raus gefunden. Ohne mich zu verfahren. Sachen gibt´s...einfach unvorstellbar.

 

Wie ich das gemacht habe?

 

"Glotzen uff"

 

...würde man im Osten sagen, gell Jürgen;-)

 


 

Kurz vor dem Hellfire Pass mache ich eine kuriose Entdeckung am Boden. Ein toter Skorpion! So etwas fehlt mir ja noch in meiner Sammlung. Sieht schon mächtig lecker aus, so ein Kamerad! Und der Stachel ist auch nicht ohne. Hätte man einen Nähfaden zur Hand, könnte man damit direkt eine Platzwunde zunähen.

 

Ein paar Minuten davor hatte ich noch eine interessante Begegnung, diesmal der menschlichen Art. Kommt mir ein ziemlich rundlicher Thai mittleren Alters mit Zöpfchen auf einem Mofa entgegen. Kurz vor mir hält er an einem der vielen Essensstände, während ich grüßend an ihm vorbei radle. Kurz danach, an einer Steigung, überholt er mich. Irgendwas stimmt mit dem Typ nicht, denke ich noch, aber für einen Ladyboy ist er irgendwie zu beleibt.

 

Und diese metrosexuellen Zöpfchen trägt ja heute jeder zweite Backbacker und selbst Ibrahimovic und Gareth Bale sind sich wohl mit sich selbst noch nicht so richtig im Reinen, ob sie nicht doch im falschen Körper stecken.

 

Nee, Spaß beiseite, also wir wollten damals wie Rambo oder Arnold aussehen und die Junx? Aber geht mich ja nichts an...

 

Jedenfalls kurble ich so die Steigung hoch, da steht doch mein neuer Freund plötzlich links im Gebüsch und macht eindeutige Gesten. Von einladend möchte ich nicht sprechen. Netter Versuch, denke ich, und fahre amüsiert weiter. Wer eine Reise macht, kann was erzählen.

 


80 km stehen auf der Tachonadel, als ich gerade den Hellfire-Pass hinter mir lassen will. Doch weiter komme ich nicht. Es fängt wieder an zu regnen und vor mir liegt eine Steigung und weitere 20 km. Ich zögere kurz, schau mich um und entdecke auf der anderen Straßenseite ein paar verlassene Gebäude. Das sieht doch mal gut aus! Zunächst möchte ich nur mal dieses Gewitter abwarten, doch mit jeder Stunde mehr, die mit Platzregen verstreicht, stelle ich mir das hier als mein heutiges Nachtlager vor.


Ich gehe auf Erkundungstour und entschließe mich letztendlich für die Bank als Nachtlager. Dann müssen die Schlangen wenigstens etwas Abendsport betreiben, wenn sie mich anknabbern wollen. Ein junger Thai, der mir zeitweise Gesellschaft leistet, schenkt mir noch eine kleine Flasche Wasser, bevor er sein Moped Richtung Bangkok besteigt. Zum Abendessen gibt´s heute Nulldiät und Wasser fülle ich mir direkt aus dem Strahl, der vom Dach kommt, in meine Wasserflaschen. Bei Einbruch der Dunkelheit beginnt unangekündigt ein wunderbares Frosch-Quak-Konzert. Es ist herrlich den kleinen (oder großen?), glitschigen Tieren zuzuhören, was sie so den ganzen Tag im Teich erlebt haben. Klingt aber alles in allem recht relaxed. Es wird eine wirklich schöne, ruhige und bequeme Nacht - auf der Bank unter meinem Moskitozelt.

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Patrick, alias Sepp App (Donnerstag, 06 Oktober 2016 21:43)

    Kann ich nicht nachvollziehen, ohne GPS Oder App würde ich morgens noch nicht mal zur Arbeit finden....