Wiedersehen mit dem Everest - auf nach Sikkim!



 

Doch wohin? Von anderen Reisenden hatte ich immer wieder "Sikkim" gehört. Und der englische Gentleman, von der Isle of Man, seines Zeichens Anthropologe, hatte mir

am 27.12. auf dem "'Tiger Hill" von einem magischen, spirituellen Ort names "Tashiding" erzählt.

Da wollte ich hin. Das hörte sich geheimnisvoll und herausfordernd an.



 

Doch zunächst mußte ich mal hoch zum Tiger Hill.

Frühmorgens gegen 7 Uhr 30 hatte ich mich mit meinem Bike auf den Weg gemacht. Den Tipp hatte ich ebenfalls von dem englischen Forscher bekommen, dessen Familie noch aus Kolonialzeiten Häuser in Kalkutta und Darjeeling besitzt.

 

Bereits um 4 Uhr morgens machen sich mehrere hundert Jeeps mit Touristen auf den ca. 11 km langen Weg hoch zum bekanntesten Aussichtspunkt von Darjeeling. Dort warten sie dann mehr oder weniger frierend auf den Sonnenaufgang und dem Blick auf ein gut 250 km breites Panoramabild des Himalaya, das dann entsprechend mit Gejohle, Geschrei und Gekreische von ein paar hundert Indern gefeiert wird.

 

Wenn die "Schafe" weg sind, ist man da oben praktisch allein. Das könnte doch genau mein Ding sein.

 

Der Weg führte mich zunächst auf einer schönen, wenig steilen Halbhöhenpiste nach Ghum. Ab Ghum wird es so steil, daß ich Serpentinen fahren mußte, um die steile Straße zu bewältigen. So ziemlich auf halber Höhe hoch zum Tiger Hill kommt mir plötzlich ein Reiseradler entgegen. Ein Inder. Seit drei Monaten unterwegs, hat er noch keine Nacht in einem Guesthouse oder Hotel zugebracht.

Respekt.

 



 

Später auf dem Tiger Hill erfahre ich dann, daß er im Schatten des Höhencafes, frierend wie ein Schneider, genächtigt hatte. Da habe ich aber bergauf schönere Plätze gesehen, die meine erste Wahl gewesen wären. Allerdings erklärt mir ein junger Engländer, daß das durchaus gefährlich hätte werden können. Vor vier Jahren ist bei Ghum eine Einheimische von einem Leoparden getötet worden und der "himalayan brown bear" soll hier ebenfalls sein Revier habe. Na prima.

 

Oben angekommen, werde ich Zeuge wie hunderte, kleine Pappbecher, von der indischen Touristenmeute achtlos weggeworfen, zusammengekehrt und weggeräumt werden. Ich bin tatsächlich der einzige Weiße, wie die Nepalis sagen.

 

In Ruhe genieße ich den tollen Blick auf Darjeeling und den Kandzchenzönga (8.586m). Und als der englische Forscher mit einem jungen Engländer und dessen Mutter auftaucht, wage ich zunächst nicht zu glauben, was links von mir immer wieder zwischen den Wolken am Horizont aufblitzt. Auf Nachfrage bestätigt der Forscher meine Vermutung. Nach sieben Jahren habe ich ein unverhofftes Wiedersehen mit dem Mount Everest (8.848m). Da ist der Makalu (8.485m) und der Lhotse (8.516m), ebenfalls klein erkennbar, nur Beiwerk.

 


 

Am nächsten Morgen geht´s dann endlich wieder los. Vorbei an meinem Friseur,  hole ich mir auf dem Weg raus aus Darjeeling, ein kostenloses Permit für Sikkim.

 

Anschließend radle ich, an den unzähligen, für Darjeeling typischen Jeeps entlang, bei schönstem Sonnenschein hoch nach Ghum.

 


 

Ein paar Mal halte ich an und schaue mit ein bischen Wehmut zurück zu meiner Hassliebe Darjeeling. Neblig und eiskalt am ersten Tag, sonnig und warm tagsüber danach. Weihnachten habe ich hier verbracht, bin zusammen mit Rafa, einem Arzt aus Französisch-Guyana, dessen Körper voller Quecksilber ist, vor dem Kanonofen gesessen. Er hat mir erzählt, dass die Flüsse von den Goldwäschern verseucht sind, die mit dem Quecksilber das Gold vom Gestein trennen. Habe zusammen mit Antoine und seiner Freundin aus Quebec versucht das Feuer am brennen zu halten, habe mit Jacek und seiner Frau Aga aus Polen den Sternenhimmel über Darjeeling bestaunt. Habe mit Pete aus Australien über unser Leben philosophiert und von Joey, dem Barbesitzer und seiner Frau Dinge über Bauprojekte in Darjeeling gehört, die sich genauso schwachsinnig anhören wie in Stuttgart. It´s all about money. Immer wieder und doch nicht.

 

Denn das, was ich hier mal wieder erleben durfte, erlebt man nur wenn man unterwegs ist, sich austauscht und feststellt: ich bin nicht der Einzige, der jetzt so lebt, so denkt und sich gut dabei fühlt. Der nicht veheiratet ist, keine Kinder hat und der nicht an die Rente und das Leben nach dem Hamsterrad glaubt.

 

Und sich dabei gut fühlt. Saugut. Und dann kommt wieder das Itchy Feet Syndrome (very strong or irresistible impulse to travel) und man weiß:

 

Zeit "die Zelte abzubrechen" - auf nach Sikkim !

 


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