Schwierige Abreise - super Ankunft - wow !

Nochmals tausend Dank an all meine Freunde für die grandiosen Abschiedsparties und die unfassbare zusätzliche Unterstützung. Es ist einfach wunderschön zu wissen wieviel Freunde man hat.

 

Am Mittwoch ging es endlich los. Selbst die Wohnungsübergabe an meinen Vermieter wurde zum Spaziergang. Von Stromkosten war keine Rede mehr, die Kaution wanderte direkt in meine Reisekasse :-). Der letzte Akt war dann das Zerlegen und Verpacken des Reiserads. Bei einem abschließenden Kontrollgang durch den "Pferdestall", in dem all die Jahre meine Stahlrösser untergebracht waren, entdeckte ich noch einen Teil meiner Bremse. Das hätte beim Zusammenbau ein böses Erwachen gegeben.

 

Pünktlich um 13 Uhr wurde ich von Ulrich Erbele von Wand & Boden abgeholt. Er hatte mir vor 2 Jahren einen Laminatboden verlegt und am 29. September noch eine wunderschöne Treppe für meine angemietete Wohnung gebaut. Als er hörte, daß ich am nächsten Tag ein Großraumtaxi bestellen wollte, hatte er mir angeboten, mich zum Bahnhof zu fahren. Auf schwäbisch: "wärsch ja bleed, wennde a Taxi zahla dädsch..."

 

Am der Baugrube angekommen, wurde ich einmal mehr darin bestätigt, wie die Bahn ihre Kunden betrachtet. Weit und breit kein Gepäckwagen. Klar, im Zeitalter der Trollies. Also, alles wieder in den Bus und rüber zum Nordeingang, wo ich fündig wurde. Ungeschickterweise mußte ich anschließend mit dem Gepäckwagen inklusive Fahrradkarton wieder zurück zum Fahrkartenschalter. Dort angekommen, ging das Rumgeeiere weiter. Der Karton darf nicht in den ICE, beim IC bin ich von der Gunst des Zugbegleiters abhängig - also Regionalbahn über diese Stadt in Baden, die mit K anfängt, weiter nach Mainz und dann umsteigen zum Flughafen Frankfurt.

 

Blöd war nur, daß der Zug Stuttgart bereits mit 20 Minuten Verspätung verließ. Das kommt davon, wenn man 20 Jahre kein Geld in die Wartung des Schienennetzes investiert und dafür lieber das Milliardengrab S21 baut.

 

In KA angekommen, wieder kein Gepäckwagen weit und breit. Also schnappe ich meine 3 Packtaschen, trage sie 20 Meter weit, setze sie ab, gehe zürück und wuchte meinen Radkarten mit gut 30 kg in die gleiche Richtung. Setze ihn ab und gehe wieder zurück zu den Packtaschen. So bewege ich mich in Minietappen die nächsten 15 Minuten von Gleis 1 nach Gleis 10. Inklusive Treppen runter und wieder rauf.

 

Generation "Head-down" sitzt derweil in Facebook vertieft auf den Bahnsteigen und beobachtet gelangweilt meinen Kampf. Unterstützung wird mir an diesem Tag im hilfsbereiten Deutschland nur einmal angeboten. Beim Aussteigen aus dem Zug.

 

Durch die verspätete Ankunft in Stuttgart muss ich jetzt auch in Mannheim nochmal umsteigen. Doch damit nicht genug. Der Zug hält 50 Meter vor mir und ich schaffe es nicht in 7 Minuten mein ganzes Gepäck bis zum Zug zu tragen. Alle schauen zu, Hilfe gibt es nicht. Der Zug fährt ohne mich ab. Die nächste Bahn, zwei Minuten später, erreiche ich nur, weil ich zwei junge Menschen eindringlich bitte, mich doch zu unterstützen. Was für eine Egogesellschaft !

 

In Mainz darf ich nochmal das ganze Gepäck von Bahnsteig 4 B nach Bahnsteig 4 A schleppen. 100 Meter in 5 Etappen. In Frankfurt am Flughafen angekommen, stehe ich endlich, gegen 19 Uhr 30, am Eincheckschalter von Etihad. Zu meinem Erstaunen werde ich nur gefragt, wieviel Kilo meine Bikebox wiegt. "Alles zusammen genau 30 Kilo" lautet meine Antwort. Das war´s. Kein nachwiegen, kein Übergepäck. Der Tag ist gerettet.


Das Flugzeug nach Abu Dhabi ist nicht ganz ausgebucht, die Anschlußmaschine nach Kathmandu ist halbleer. Das hindert einen weiblichen Althippie aus Nordeuropa nicht daran, ein ca. 10-minütiges Theaterstück mit dem Titel "ich will einen Fensterplatz um die Berge zu sehen, so wie vor 30 Jahren" aufzuführen. Einfach nur peinlich.

 

Als die Maschine gestartet ist, setze ich mich auf einen der vielen leeren Fensterplätze. Einfach so. Ohne Theater, als ginge es ums Überleben. Nach knapp 4 Stunden landen wir in Kathmandu. Beim Anflug entdecke ich die Ringroad, die einmal um Kathmandu herumführt. Aber irgendetwas stimmt nicht. Es sind kaum Autos, LKWs oder Busse unterwegs, normalerweise herrscht hier das pure Verkehrschaos.


Nach der Landung hole ich mir direkt im Flughafen ein 90-Tage-Visum für Nepal. Kostenpunkt: 100 €.


Vor dem Flughafengebäude wartet Amit und eine befreundeter Taxifahrer auf mich. In einem PKW mit Kofferraum. Ich Trottel habe vergessen, Amit zu informieren, daß ich mit einem großen Fahrradkarton unterwegs bin. Nach vielen Ladeversuchen wandert die Box schließlich in den Kofferraum, der sich danach natürlich nicht mehr schließen läßt.


Die Freude über unser Wiedersehen nach 7 Jahren ist bei uns Beiden riesengroß. Es ist wie so oft bei solchen Freundschaften. Man fühlt sich, als sei man nie weggewesen.


Zuhause bei Amit angekommen, einem dreistöckigen Haus in der Nähe des Touristenviertels Thamel, werde ich im ersten Stock in "mein Zimmer" geführt. Wow! Das hatte ich mir nicht so toll vorgestellt.

 

Nach und nach darf ich die ganze Familie kennenlernen. Amit wohnt mit seiner hübschen und supernetten Frau und seinem kleinen Sohn im ersten Stock, darüber wohnt sein Bruder mit seiner Familie und seine Eltern.

 

Natürlich haben wir uns viel zu erzählen und so erfahre ich auch den Grund für die leere Ringroad: Nepal hat seit ein paar Tagen eine neue Verfassung, die Indien nicht gefällt. Da man die Grenzen zu Nepal anscheinend nicht einfach schließen darf, hat man ganz einfach alle Straßen Richtung Grenze blockiert damit kein Tankwagen mehr nach Nepal fahren kann. Es gibt nur noch ganz wenig Benzin und kaum Gas zum kochen. Hinter den Restaurants wird jetzt oft mit offenem Feuer gekocht, was natürlich für eine einmalig Atmosphäre sorgt.

 

Die nächste Überraschung ist, daß nahezu keine beschädigten Häuser in Kathmandu zu sehen sind. Anscheinend hat es nur ein paar der sehr alten Sehenswürdigkeiten erwischt. Auf dem Land sieht das aber ganz anders aus.

 

Amit holt ein paar eiskalte Dosen Bier vom Shop an der Ecke, sein Vater setzt sich noch zu uns und bei etwas gebratenem Huhn wird weiter erzählt bis Amits Frau traditionelles Dal Bhat reicht, das Amit mit der rechten Hand isst, was ich besser nicht versuche. Gabel und Löffel tun´s auch. Danach gehe ich früh schlafen. Der zweite Tag wird viele weitere Überraschungen bringen...

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Steff (Sonntag, 04 Oktober 2015 10:32)

    schön von dir und deinen Reisen wiederzulesen ☺️

  • #2

    Andrea (Sonntag, 04 Oktober 2015 11:48)

    Hach.....es ist so schön wieder "dabei" zu sein! Dirk....dein Übergepäck liegt daran das ICH dabei bin! hihi

  • #3

    Olaf (Montag, 05 Oktober 2015 13:11)

    wünsche dir viele schöne Erlebnisse und freue mich wieder auf das abendliches bloglesen :-)

  • #4

    Armin (Dienstag, 06 Oktober 2015 04:20)

    Weiter so, freue mich auf die naechste story

  • #5

    Dirk (Donnerstag, 08 Oktober 2015 15:32)

    Gerne. Freue mich, daß Ihr dabei seid ;-)

    Viele Grüße aus Pokhara (Annapurna, Nepal)

  • #6

    Jürgen (Samstag, 10 Oktober 2015 14:19)

    Von Jomsom nach Lomanthang sind es keine 70 km....und unterwegs soll es noch eine deutsche Bäckerei geben