Radrennfahrerlegende

Ihr habt mit Sicherheit zuhause verstanden, daß es mir gestern nicht übermäßig danach zumute war, zu schreiben. Deswegen gibt es jetzt auch einiges nachzuholen. Es sind viele Dinge in den letzten vier Tagen passiert. Und die will ich Euch natürlich nicht vorenthalten. Also drehen wir das Rad der Zeit nochmal zurück und beginnen chronologisch bei meinem letzten Quartier im Khao-Sok Nationalpark. Ihr erinnert Euch? Die Nummer mit den Ameisen.

Letztendlich bin ich dann wieder zurück zu dem Restaurant mit dem quengelnden Bub. Der ist aber bei meiner Ankunft friedlich, also erinnere ich mich gar nicht mehr, warum ich hier auch die Flucht ergriffen hatte. Jch habe Glück. Die wunderschönen Hütten sind noch nagelneu und exakt eine der vier Unterkünfte ist gerade noch frei. Anscheinend kostet die Nacht für zwei Personen 1.000 Baht.

Während ich mein Reiserad mit den Gepäcktaschen Richtung der letzten Hütte manövriere, grüße ich einen richtig gemütlich aussehenden älteren Herren und ein Pärchen in der gleichen Altersklasse. Der erste Eindruck ist mir schon mal sehr sympathisch. Nachdem ich die große, gelbe Packtasche mitten in meine Behausung befördert habe, bin ich auch schon wieder auf dem Weg nach vorne ins Restaurant. Dabei lerne ich das eine Pärchen bereits besser kennen. Das Englisch hat einen unüberhörbaren schwäbischen Unterton. Die Zwei kommen aus Dettingen bei Kirchheim. Wir verstehen uns nicht nur sprachlich prächtig, denn er ist seit seinem 53. Lebensjahr Frührentner und bestätigt mir viele meiner Sichtweisen zu den Themen Leben, Arbeit und Ruhestand. Wir essen zusammen zu Abend und dabei lerne ich dann noch die anderen zwei Pärchen aus Bremen kennen. Die haben ihren ganz eigenen Humor und vor allem der Eine davon haut eine Geschichte nach der anderen raus. Danach auch hier eine Bestätigung: Deutschland ist genauso korrupt wie die Länder, die man so gerne als "Bananenrepubliken" bezeichnet. Was der Herr erlebt hat, bis er seine thailändische Frau in unserem tollen Land heiraten konnte! Ohne Worte. Da werden Bestechungsgelder verlangt, Reisepässe verschwinden auf nimmer Wiedersehen, und, und, und.

 

Nebenbei erfrage ich mir ein gewisses Basiswissen zum Thema Grundbesitz und Immobilienerwerb. Es bestätigt sich einmal mehr, auf Reisen begegnen dir die Leute, die Du benötigst, um Deinen Horizont zu erweitern. Reisen sollte eigentlich ein Schulfach sein. Würde ein Menge Vorurteile direkt im Keim ersticken.

 

Der nächste Morgen beginnt für mich mit Ausschlafen. Erst gegen 9 Uhr 30 verlasse ich reisefertig meinen Bungalow und begebe mich Richtung Restaurant und Frühstück. Die drei Pärchen kommen mir gerade entgegen, sie sind bereits startklar. Eine halbe Stunde später, ich verzehre gerade mein Gemüseomelette, tauchen die Sechs wieder auf und berichten mir von einer Riesenspinne und einer Schlange vor meiner Hütte, die ich wohl irgendwie übersehen habe. Ein Foto der Spinne lasse ich mir zeigen, das reicht. Ich wohn da ja jetzt nicht mehr ;-)

 

Der Tag auf der Straße beginnt mit einem netten Anstieg. Ich bin gut drauf, es macht Spaß. Fast oben befindet sich ein Aussichtsparkplatz. Kurz bevor ich ankomme, ist gerade ein Touribus reingefahren und die Leute sollen sich eigentlich die tolle Aussicht anschauen. Das erledigt sich aber in dem Moment, als sie mich kommen sehen. Mir ist das alles in dem Moment echt unangenehm, aber die glotzen mich an wie eines der sieben Weltwunder. Oder sind es mittlerweile acht? Also mit mir zusammen neun.

 

Einer der Touris ist richtig gut in Form. Bodybuilder. Kein Gramm Fett. Und der bewundert mich? Ich spiele den Pass zurück, mache ihm ein Kompliment für seinen durchtrainierten Körper und sage ihm, daß er das auch mit links hinbekommen würde. Er winkt ab. Dabei ist das echt nichts anderes. wie jeden Morgen aufstehen und danach 8 Stunden zu arbeiten. Jeder, der das mal probieren würde, würde es schaffen. Aber keiner glaubt´s.

 

In Takua Pa mache ich Pause in einer netten Bar, bearbeite ein paar E-Mails, orientiere mich neu und frage schon mal nach Unterkünften auf den nächsten 20 Km. Eine eiskalte Cola und ein Eiscafe helfen mir danach erfrischt weiterzufahren.

15 km später, steuer ich das erste Ressort an. Statt 2.500 Baht bietet man mir 1.500 Baht an. Ist mir immer noch zu teuer. Und wieder zu edel. Nicht mein Ding. Also radel ich die Straße zurück und biege in eine Straße Richtung Strand ein. Schnell lande ich mitten zwischen ganz ärmlichen Fischerbehausungen. Danach folgt ein Riesenklotz von einem 5-Sterne-Hotel. Also wieder zurück zur Hauptstraße. Ich schaue rechts, ich schaue links. Da sitzt ein westlich aussehender Typ mit einer Thai. Als sie mich entdecken, rufen Sie mich an, ich möge doch anhalten und mich zu ihnen setzen. Gefällt mir, denke ich und schon frage ich nach einer Unterkunft. Pim geht mit mir in ihr Haus und zeigt mir ein superschönes Zimmer mit begehbarem Schrank, tollem Bad, modern eingerichtet. 1.000 Baht inklusive Frühstück. Doch, das ist war Besonderes. Ich sage zu.

 

Zurück im Gartenrestaurant, setze ich mich zu Ernesto, einem Schweizer aus Basel, mit italienischen Wurzeln. Er ist ehemaliger Radrennfahrer und hat eine Thailandradreise bei Max Hürzeler gebucht. Er beneidet mich um mein Solo-Abenteuer, wie er sagt und möchte von mir ein paar Geschichten hören. Im Gegenzug will er meine komplette Zeche übernehmen. Das ist ein Deal, der mir gefällt. Wir entdecken weitere Gemeinsamkeiten und so ist er am Ende des Tages derjenige, der eigentlich mehr zu erzählen hat und trotzdem gerne bezahlt.

 

Nach und nach kommen immer mehr Radrennfahrer in unsere Bar und der Abend wird gigantisch interessant und macht immer mehr Laune. Adressen und E-Mail-Adressen werden getauscht, Einladungen werden ausgesprochen und die Krönung des Abends ist dann Toni Romminger, Zweiter der Tour-de-France 1993, hinter Miguel Indurain.

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Kommentare: 4
  • #1

    Stefan_OSTF. (Dienstag, 03 Februar 2015 10:29)

    Hi Dirk,
    wenn jemand eine Reise tut......, Toni Romminger in Thailand treffen isch ja....cool. ;-)
    Lieben Gruß
    Stefan =)

  • #2

    ich bin ein Berliner (Dienstag, 03 Februar 2015 19:51)

    Hola mein Großer...ich hoffte ja schon, dass es vielleicht eine Herausforderung gibt.
    Mountain/Reisebiker vs Tour De France Radler.... Den hättest Du locker eingekocht....
    VG Jürgen

  • #3

    Dirk Blume (Dienstag, 24 Februar 2015 05:19)

    Ja, Stefan, der Toni ist ein ganz netter und unkomplizierter Typ...

  • #4

    Dirk Blume (Dienstag, 24 Februar 2015 05:20)

    Aber nur im Gelände bergab und mit dem Enduro, Jürgen ;-)