Im Wohnzimmer der Burmesen

Alles fing prima an, gestern morgen. Das Frühstück sah anfangs etwas seltsam aus, aber als das Speigelei mit Toastbrot kam, war alles okay. Bis dann dieser Typ am Tisch vor mir aufstand, um mein Rad genauer zu begutachten. Da ich jetzt nicht unbedingt der Gesprächige beim Frühstück bin, ließ ich es damit gut sein. 5 Minuten später entschied ich mich zum Aufbruch - da quatscht mich Michael - ein irischer Architekt aus Dublin, der seit mehr als 4 Jahren in Uganda lebt - an. Bis kurz vor 9 Uhr fachsimpeln wir über Bikes und Länder, gemäß dem afrikanischen Motto "Ihr habt die Uhr und ich die Zeit" ;-).


Auf dem Weg raus aus der Kleinstadt bemerken meine trüben Augen ;-) ungewöhnlich viel Farbe am Wegesrand. Das bedeutet in Burma entweder ein buddhistisches Kloster, ein hinduistisches Kloster, die rötlichbraune, charakteristische Farbe der Erde oder wie bei uns, ganz einfach geschminkte Mädels.


Ich bin schon fast aus Moulmein draußen, da entscheide ich mich doch noch zum View Point hoch zu radeln. Am Ende hat es sich nicht gelohnt, die Aussicht war nicht so dolle.

 

Also weiter die Ausfallstraße entlang, bis ich mich knapp außerhalb von Moulmein im nächsten Ort richtig verfranse. Mein innerer Kompass signalisiert mir schon seit einiger Zeit Unbehagen, die Burmesen antworten in Zweifelsfall immer mit "ja" und zeigen in die Richtung, in die man selbst fragend gezeigt hat. Erschwerend kommt mein morgendlicher Harndrang dazu. Zeit den Druck raus zu nehmen und Priorirtäten zu setzen. Sprich: erst pinkeln und dann den guten alten Kompass zu Rate ziehen. Tatsächlich: ich fahre kerzengerade nach Norden! Dabei will ich doch in den Süden. Also umdrehen. Ich rekapituliere meine Strecke und lokalisiere beim fahren, an welcher Stelle ich falsch abgebogen bin. Bei einem Blick nach rechts, sehe ich zudem in der Ferne den Fluß. Bingo! Jetzt bin ich wieder richtig. Doch bereits an der nächsten Gabelung mache ich erneut einen Fehler, der damit endet, daß ich geschätzt ne Stunde fast durch die Wohnzimmer der Einheimischen fahre, so eng wie hier die Hütten stehen und so offen wie dort gelebt wird. Einige lachen, die Anderen lächeln zumindest und sind sehr freundlich zu mir. Ich navigiere durch immer kleinere Seitenstraßen die zu Pfaden werden und irgendwann ist mir wieder klar: Ich bin im Nirgendwo. Also wieder umdrehen. Da vorne rechts abbiegen. War da nicht in der Ferne ein Pfad über die Gleise. Derzeit fahre ich rechts von der Eisenbahn, ich muß aber nach links. Rechts rein, ja das könnte passen. Hinter mir ist ein Mopedfahrer. Er eiert mir die ganze Zeit hinterher. Nun gut, ist auch echt holprig und vielleicht fährt er meine Linie nach. Schnell fahren können die Burschen nämlich, aber langsam und technisch haben sie nicht so drauf, das habe ich schon festgestellt.

 

Wir queren die Schienen, der Weg schlängelt sich erst nach links und dann nach rechts. Ein Mopedfahrer kommt uns entgegen. Gutes Zeichen. Mein Hintermann überholt und fährt langsam vor mir. Plötzlich hält er an und deutet nach vorne. "Immer weiter auf diesem Weg" deute ich seine Gestik und bin freudig überrascht. Der Bursche hat doch tatsächlich gemerkt wo mein Problem liegt und hat sich zunächst unbemerkt und dann offensichtlich darum gekümmert, daß ich wieder zurück zur Hauptstraße finde. Das sind die Geschichten, die das radeln in fremden Ländern so schön macht. Die vorbehaltslose Hilfsbereitschaft.

 

Es ist schon fast 12 Uhr, bis ich endlich auf der richtig breiten Straße bin, auf der ich schon seit Stunden unterwegs sein wollte.


Hier noch ein paar Bilder aus Moulmein (wem fällt dabei etwas auf?)

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Frankie (Mittwoch, 07 Januar 2015 12:05)

    Auch hier gibt es Farbenfrohe Klamotten. ;-)

  • #2

    Peter (Mittwoch, 07 Januar 2015 13:56)

    Hakenkreuz?

  • #3

    Peter (Mittwoch, 07 Januar 2015 13:59)

    Grosses Kompliment Dirk aus der Schweiz für Deine mitreis(s)enden Reiseberichte. Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem weiteren Ritt! Freue mich auf viele weitere spannende Episoden!

  • #4

    Dirk Blume (Donnerstag, 08 Januar 2015 05:09)

    Das Hakenkreuz ist es! Das habe ich auch erst beim zweiten Blick gesehen. Ob der weiß, was er da trägt?

    @Peter: Danke !