Wo ich stecke und wie es dazu kam!

Gestern 4:45 Uhr - Bangkok Ortszeit. Draußen ist es noch dunkel, doch das was ich da höre, höre ich nicht das erste Mal. Bereits in der ersten Nacht glaubte ich meinen Ohren nicht zu trauen. Da war Einer. Und der war für meinen Geschmack einfach fehl am Platz. Doch heute morgen war ich vorbereitet und habe auf ihn gewartet. Und tatsächlich. Da war ein Schrei! Der Schrei des Hahns der mir signalisierte: Zeit aufzubrechen ;-).

 

Die 3 Packtaschen sinnvoll gepackt, die wichtigsten Dinge für den Tag, wie Mini-Stativ, Thailand-Karte, iPad mini mit dem Ralf Loose Reiseführer als Kindleversion - alles griffbereit in der Lenkertasche. Nochmal duschen, Rübe und Fratze rasieren, 3 Schluck Instantkaffee und schon sattel ich die Hühner und reite vom Hof.

 

Bangkok erwacht gerade erst, die Luft ist frisch, die Temperatur recht angenehm. Endlich, denke ich - das ist dieses unbeschreiblich geniale Gefühl von Freiheit, alles dabei zu haben, was man braucht (und das ist verdammt wenig) und vor sich eine Herausforderung ("looks like we made it"  von Barry Manilow läuft witzigerweise gerade im Hintergrung), von der man hofft, ja eigentlich weiß, daß man am Ende des Tags zufrieden zurückblickt, weil man es doch irgendwie geschafft hat. Ich kenne den Weg und so bin ich ratzfatz im morgendlich leeren Chinatown. Ich halte an, hole die GoPro Helmkamera raus, starte die Aufnahme und ... anscheinend hat sie sich entladen... ach, was hätte ich mich früher darüber aufgeregt... jetzt packe ich sie einfach weg und filme mit meinen Augen und speichere mit dem Hirn. Kann ich dann niemand zeigen, aber es ist ja auch meine Reise, mein Leben, meine Erfahrung.

 

Kurz vor der Khaoson Raod ist Flowermarket. Das ist ein absoluter Höhepunkt. Unfassbare Bündel von Zitronengras, Zitronenblättern, Thai-Basilikum, Thai-Koriannder, Chillis, Thai-Auberginen und Thai-Bohnen. Ich fahre ganz langsam, inhaliere die Gerüche, versuche sie in meinem Hirn mit Begriffen und Geschmack zu verknüpfen. Ein Rausch für die Sinne.

 

 

Kurz danach entschließe ich mich auf dem Parkplatz einer Polizeistation meine Lenkertasche besser zu befestigen, mit dem Ergebnis, daß ich sie nach 20 Minuten komplett abbaue. Dann halt nicht.

 

Den Rest des Vormittags arbeite ich mich intuitiv aus Bangkok raus. Zuerst hilft mir der Stand der Sonne, später als sie hoch am Himmel steht, hänge ich mir meinen Kompass um den Hals. Immer grob Richtung Norden und den sich schlängelnden Fluss links von mir. Klappt bis nach Pathum Tani, doch da verliere ich irgendwie die Orientierung. Sehe Beschriftungen, die ich gerne sehen würde, aber gar nicht da sind, als ich näher komme. Und dann passiert das, was auf solchen Reisen immer wieder passiert und was einem einfach mehr auffällt wie (als?) daheim: plötzlich bietet sich ein Mädel an, das englisch sprechen kann. Und die gibt mir den entscheidenden Tipp, der kurze Zeit später von einem Taxifahrer bestätigt wird. Richtung Rang Sit (das nirgends auf einer Karte zu finden ist).

 

Immer wieder halte ich an, so alle 2 Stunden und kaufe mir einen eiskalten Eistee und Wasser. Ich wage es nicht eine Essenspause zu machen. Nicht bevor ich nicht das erste Schild mit AYUTTHAYA gesehen habe. Es wird 15.00 Uhr bis das passiert. Noch 3 Stunden, dann wird es dunkel. Ich fahre jetzt schon den ganzen Tag auf dem Seitenstreifen eines 4-spurigen Highways - aber es ist okay. Einfach keinen Kopf machen und selbstbewußt fahren, kurz umblicken, bestimmt alle 4 Spuren wechseln, wenn nötig. Anzeigen wohin man will, findet auch hier Freunde.

 

Plötzlich sehe ich meinen rechten Flügel in der abgedunkelten Scheibe eines neben mir an der Ampel stehenden Autos. Ohoh! Rot wie das Hinterteil eines Gibbons. Trotz immer wieder eincremen.

 

Dann entdecke ich einen weißen Stein, der ein Km-Stein zu sein scheint. "19" steht drauf und ich habe die Idee, daß das die Restentfernung bis Ayutthaya sein könnte. Da mein Tacho auch irgendwo verschütt gegangen ist, erinnere ich mich, wie ich in China anhand der Km-Steine meine Durchschnittsgeschwindigkeit ausgerechnet habe. 10 Minuten später ergibt eine erste Rechnung 20 km/h, weitere 10 Minuten später sind es 18 km/h. Da pendelt sich meine Berechnung dann später ein. Ich werde es schaffen. Denn bei Dunkelheit will ich vom Highway runter sein.

 

Das linke Knie schmerzt leicht, das Hinterteil scheint auch etwas entzündet, aber nichts, was mir Sorgen machen würde. Kurz vor 17 Uhr rolle ich auf Ayutthaya und die historische Stadt zu. 11 Stunden nonstop geradelt, die ersten 100 km geknackt und keinen Bissen gegessen. So ist das, wenn man einen neuen Job anfängt. Man will zeigen, daß man es kann und Überstunden sind auch mal drin. Ein guter Anfang ist wichtig.

 

Der erste Eindruck ist magisch. Eine große Ziegel-Stupa mitten im Kreisverkehr. Dann geht es über eine Brücke auf die Insel. Dort sind die Ausgrabungen. Ein bißchen wohl wie Angkor Wat in Cambodia. Da will ich nächsten Winter hin. Die Sonne ist gerade am untergehen. Eine fantastische Stimmung! Das ist was für mich. Ganz anders wie Bangkok. Beruhigend. Mystisch. Man meint die Historie zu spüren. Ich weiß sofort: ein Tag lang will ich das in Ruhe genießen. Das erste Zimmer bietet man mir für 1.200 Baht (30 €) an. Ich rolle wieder vom Hof. Frage einen anderen Touri, der gerade zwischen den Ruinen Gassi geht. Im nächsten Guesthouse steige ich ab und zahle zwei Nächte im voraus: 700 Bahr (18 €). Eine reine Frauenwirtschaft ;-). Ich radel nochmal los, esse was und finde ne hübsche Freiluftbar an einer belebten Kreuzung. Da fallen mir auch das erste Mal die Busse auf mit der Graffitilackierung. Cool. Die Bäume sind ein bißchen wie amerikanische Weihnachtsbäume geschmückt. Als ich gegen 22 Uhr zurück ins Guesthouse komme, empfängt mich ein mürrischer Hausherr. Sein Problem, solange ich es ihm nicht abnehme ;-). Im Zimmer bestätigt sich dann meine Befürchtung: kein Fenster, dafür 2 Ventilatoren. Ich hab´s überlebt.

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Steffen (Mittwoch, 10 Dezember 2014 10:52)

    Hallo Dirk, habe dir eben noch eine E-Mail geschrieben und doch glatt deine Abreise knapp verpasst. Ich wünsche dir viele tolle Erlebnisse und ein super-tolle Zeit. Mit neidischen Grüßen aus dem kalten Deutschland, Steffen

  • #2

    Stefan Lahnstein (Mittwoch, 10 Dezember 2014 12:49)

    Hi Dirk,
    ohne Mampf wirklich ein kerniger Start....,

    take care mate.

    Lieben Gruß
    Stefan =)