Südostwärts mit Regen

Vor ein paar Tagen habe ich eine Nachricht eines anderen digitalen Nomaden von den Malediven gelesen.

 

Der arme Kerl fragte, ob es normal sei, daß es dort tagelang regnet.

 

Normal? Was ist normal?

 

Die letzten drei Mal, als ich dort war, gab´s mal nen Regenschauer oder eine stürmische Nacht. Aber tagelang? Mit etwas Verwunderung erlebe ich hier in Südostthailand derzeit dasselbe. Es regnet. Nicht kurz und einmalig, sondern länger und häufiger.

 

Letzten Donnerstag habe ich Pattaya bzw. den Jomtien Beach verlassen. Zwei Tage dort waren genug. Ich habe etwas gearbeitet (Rechnungen geschreiben) und das Essen genossen. Und ich habe mit etwas Entsetzen festgestellt, daß ich wohl doch eine Outdoorhose zu viel nach Hause geschickt habe. Die Dinger gabs als NorthFace Kopie in Pokhara (Nepal) für 10 € das Stück. In Siliguri (Indien) habe ich eine davon wohl mit in das Päckchen gepackt, das laut meinem Kumpel Fränkie (seines Zeichens Leiter des Basislagers Ruit und verantwortlich für den Nachschub, die Post und was sonst alles während meines Vagabundenlebens so anfällt) bereits nach 10 Tagen angekommen ist.

 

Kurz vor Jomtien-Beach war aus einem kleinen, ein schöner großer, rechteckiger Riss Riss am Hinterteil meiner Hose geworden. Mit dem Teil konnte ich nicht weiterfahren. Also fuhr ich rechts ran, durchwühlte meine Packtaschen und wurde nicht fündig. Ebensowenig fand ich in Jomtien Beach während meines Aufenthaltes eine Schneiderin.

 

Ich fahre also los und setze mir zum Ziel, nach Hosenshops Ausschau zu halten. Und tatsächlich, kurz vor dem thailändischen Marinestützpunkt Sattahip entdecke ich links der Straße einen Militariahändler. Die offene Halle ist voll mit allem was die Amis hier nach dem Vietnamkrieg zurückgelassen haben. Damals hatten die USA den neu errichteten Militärflughafen U-Tapao für ihre Angriffe auf vietnamesische Ziele genutzt. Doch das ganze Material ist weit entfernt davon atmungsaktiv zu sein. Dann eben nicht. Ohne zusätzliche Hose radel ich weiter.

 


 

Kurz darauf finde ich etwas ganz anderes. Ebenfalls ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Kakao von Van Houten. Mein Vater hatte vor mehr als 50 Jahren für diese Firma im Außendienst gearbeitet. Ich wußte gar nicht, daß es die noch gibt...

 

Ich bin in einem der unzähligen Coffeeshops entlang der Straße gelandet, die es hier in Thailand wie Sand am Meer gibt. Morgens einen starken, schwarzen, ungesüßten Americano - in der Hitze des Tages, wenn sich die erste Müdigkeit einstellt, dann die Eisvariante und schon geht´s wieder etwas leichter zu pedalieren.

 


 

Nach mehr als 70 km erreiche ich Rayong und suche mir den Weg zum Strand. Bereits nach wenigen Metern sehe ich eine Reinigung. Ob die meine Hose nähen? Tun sie nicht. Also weiter. In der nächsten Reinigung wird meine Frage ebenfalls verneint. Aber eine der beiden Thailadys fährt kurzerhand ein paar hundert Meter weit mit ihrem Roller voraus und bringt mich direkt zu ein paar Schneiderinnen. Scheinen lustige Mädels zu sein. Es ist gegen 15 Uhr und mein Hose sollte um Punkt 18 Uhr fertig sein. Für 50 Baht (1,25 €). Da ich seit letztes Jahr weiß, wie der thailändische Schriftzug für Hotel aussieht, ist Unterkunft suchen keine Herausforderung mehr. Direkt an der Strandpromenade werde ich fündig. Mir gelingt es sogar noch den Preis von 490 auf 450 Baht (11,30 €) herunterzuhandeln. Wie ich später erfahre bin ich der zweite Gast in diesem brandneuen Guesthouse.

 



Um 18 Uhr finde ich mich wieder bei den Schneiderinnen ein und bin mir sicher, daß meine Hose fertig ist. Immerhin habe ich freiwillig Vorauskasse geleistet. Doch weit gefehlt. Nachdem sie einige Zeit mit mir rumgealbert haben zeigen Sie mir die Hose: nichts hat sich getan. Nächste Ansage: nächster Tag, gleiche Zeit. Na denn. Da nebenan ein ebenfalls neues Restaurant aufgemacht hat, nutze ich die Chance und esse zu Abend. Unglaublich, wieviele Bedienungen hier rumspringen. Es ist bereits dunkel, als ich wieder Richtung Strand radel und überrascht feststelle, was für schöne Lokale sich hier in den künstlich angelegten Buchten befinden. Das kann ich mir nicht entgehen lassen. Doch der Preis dafür ist etwas höher als gedacht. Mein Hinterrad ist platt. Ein dicker Dorn steckt in meinem Reifen. Also wechsle ich im Dunkeln noch schnell den Schlauch.

 



 

Am nächsten Morgen werde ich von einem Geräusch geweckt, das hier irgendwie nicht so richtig passt. Es plätschert. Ich döse weiter. Es plätschert weiter und irgendwann kracht es auch gewaltig. Nachdem ich mich aufgerafft habe, weil die Verlockung auf einen Kaffee zu groß geworden ist, bestätigt sich meine vage Vermutung.

 

Es hat schon wieder geregnet. Die Straße ist patschnaß und über den Himmel ziehen große, graue Wolken. Strandtag ade. Als ich die Treppe ins Erdgeschoss runtergehe, fallen mir die vielen Polizisten vor den ärmlichen Fischverkaufshütten auf der gegenüberliegenden Seite auf. Da wird vermessen, begutachtet und diskutiert. Später erfahre ich, daß hier, wie überall in Thailand, die Strände und Promenaden bereinigt werden. Alles ohne Genehmigung wird abgerissen. Und das ist ziemlich viel, da man bis vor ein paar Jahren einfach den ortsansässigen Polizisten oder die Behörde bestochen hatte und gut war´s. Das ist jetzt vorbei.

 

Unter erwartet mich die Chefin persönlich, die ich noch gar nicht kennenlernen durfte. Also genieße ich drei Tassen Instantkaffee und plaudere mit der Besitzerin. Wie alt ich sei, fragt sie mich. Ich lasse sie raten. 35? Balsam auf meine Seele ;-). Passiert mir öfters. Liegt wohl am vielen radfahren, lautet dann meine Vermutung.

 

Anschließend arbeite ich wieder ein bischen, schreibe weitere Rechnungen, beantworte Fragen von Interessenten, esse ein leckere Suppe sowie andere Kleinigkeiten und schaue mich ein wenig in Rayong um. Dann ist es Zeit meine Hose abzuholen. Diesmal ist sie fertig. Die Mädels sind noch besser drauf als am Vortag und dann sehe ich warum. Der Hund, der mich gestern noch wütend angebellt hat, sieht irgendwie seltsam aus. Ich lache über den Hund, bin glücklich über meine geflicke Hose und gönne mir noch ein wenig Ananas mit Chillysalz. Das liebe ich!



 

Mein nächstes Ziel heißt Chantaburi. Bis dorthin rechne ich zwei Tage. Als ich am nächsten Morgen damit beschäftigt bin, hinter Rayong den Abzweig zur neuen Buraphachollathit Road zu finden, die über 111 km an der Küste entlang führt, merke ich, daß mein Hinterrad Luft verliert. Ich habe schon wieder einen Platten. Ein kurzes Stück gehe ich noch den Highway entlang und werde mit einem kleinen Rastplatz belohnt. Weg von der Sraße, Bänke zum hinsetzen und einen Teich um das Loch im Schlauch zu finden. Das ist blöderweise auf der Innenseite. Das bedeutet, mein Felgenband ist die Ursache dafür. Habe ich 2008 gelernt. Da hatte ich fast jeden Tag einen Platten bis ich endlich nach der Ursache geschaut habe und das Felgenband gewechselt hatte.

 

Das Felgenband oder der Rest davon sieht grausam aus. Aus Panzertape bastle ich Ersatz, flicke den Schlauch und weiter gehts.

 


 

 

 

Es ist Samstag, die thailändischen Familien dominieren das Strandleben, es läuft gut an diesem Tag und so mache ich fast 90 km. Doch ich esse mal wieder zu wenig.


Spät am nachmittag, als mich der Hunger zu plagen beginnt, passiert wieder einmal, was mir oft auf solchen Touren passiert: ich wünsche mir etwas zu essen und schon kommt es zu mir. In Form eines mobilen Verkäufers. Er kommt von hinten plötzlich angefahren und ich habe echt Mühe ihn zu stoppen. Der hatte mich als Kunden wohl nicht auf dem Radar.



 

Überglücklich kaufe ich ihm sieben seiner süßen Stückchen ab. Sechs wandern in meine Packtasche, ein kleiner Berliner findet den direkten Weg in meinen Magen. Jetzt fehlt nur noch ein guter Lagerplatz. Ich bin zu bequem geworden und so habe ich beschlossen, mal wieder ganz bewußt nicht in ein Hotel zu gehen,  sondern zu zelten. Mir fehlt der Nervenkitzel und das gefällt mir nicht. Also Programmänderung. Abenteuer ist wieder angesagt.

 

Neben der Straße, am Ufer eines Flußes (Achtung Schlangen!), auf einem größeren Platz, der wochentags als Marktplatz dient, werde ich fündig. Vorne zur Straße hin verdecken die Holzmarkstände die Sicht - ich werde also nicht so leicht entdeckt. Hinten hat es genug ebenen Platz. Auf der anderen Seite des Flußes sehe ich ein buddhistisches Kloster.

 



 

In der folgenden Nacht regnet es immer wieder und ich schlafe in Etappen. Es ist brütend heiß in meinem Zelt. Kein Wunder daß der nächste Tag kurz wird. Ich fühle mich irgendwie schlapp...

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