Schlangenalarm!

Der Tag begann selbstgewählt früh. Kurz nach 7 Uhr war ich "on the road again". War so auch geplant, denn ich wollte noch Fotos des historischen Ayutthayas machen. Den Ergebnissen nach hat es sich nicht gelohnt. Zu hell. In welche Richtung ich die Stadt und wo verlassen muß, habe ich am Vortahg bei meiner Morgenrunde um diese Halbinsel bereits in Erfahrung gebracht. Es ließ sich gut an, nur daß sich mein Pferd beim absteigen immer vorne aufbäumt, da alles in Packtaschen hinten verstaut ist. War auf der ersten Brücke ziemlich blöd, denn hinter mir kam ja auch Verkehr. Wird auch super aussehen, Mr. Bean auf Reisen halt;-).


Kaum raus aus der Stadt, sehe ich links einen See und dahinter eine riesige, weiße Chedi. Links davon ein Denkmal einers Reitenden. Je näher ich kam umso mehr interessierte mich die Szenerie. Also links reingebogen und die Militärs nett gegrüßt - doch die Nasenbären hat das sowieso nicht interessiert. Die Touris lagen alle noch in ihren Betten, standen unter der Dusche oder saßen sogar (!) schon beim Frühstück. Hier war jedenfalls Keiner. Mein Auftritt.


Zunächst radel ich eine kleine Gerade entlang, die schnurstracks zum Denkmal von Rama V führt. Danach führt die Straße weiter Richtung Stupa und dem noch leeren Touribusparkplatz. Dann muß man eine kleine Brücke überqueren, was zunächst daran scheitert, daß mir eine Asiatin auf der anderen Seite den Vortritt lassen will. Ich, ganz deutscher Trampeltourist, falsch: ich, Gentlemen, lasse Ihr natürlich den Vortritt und ernte dafür ein "thank you", ein nettes lächeln und noch a bisserl was für´s Herz. Geht doch ;-). Dann runter vom Pferd und rauf auf die What Phu Khao Thong. Wow! Mächtig steil. Wenn Du da von oben die Treppen runterfällst, denke ich beim Abstieg, ist kein Knochen mehr heil. Versprochen.



Danach geht´s wieder zurück auf die Straße. Und dann passiert das, wovor man immer wieder als Radfahrer gewarnt wird. Im Auto bekommst Du es nicht mit, als Mopedfahrer bist auch noch zu schnell, Fußgänger laufen nicht auf befahrenen Landstraßen, aber wir Radler sind halt mal die Einzigen die es treffen kann.


Schlangen! Unsere Freunde lieben es nämlich sich morgens auf den warmen Asphalt zu legen. Und ich sehe dieses Exemplar fast zu spät, kann aber gerade noch mit einem Haken ausweichen. Jetzt bin ich wach! Na klar! Jetzt fällt mir auch ein, daß ich das wahrscheinlich in dem Buch "Eiskaltes Bier und Krokodile" gelesen habe. Geschickterweise fahre ich seit gestern das erste Mal im Leben mit nackten Hufen in offenen Sportsandalen. Leichte Beute. Ein Biss und kein schützendes Leder bewahrt die Schlange vor Fußpilz.


Ab jetzt suche ich den Seitenstreifen vor mir mit den Augen ab. Eine will ich noch haben. Zum fotografieren. Doch wieder werde ich überrascht! Bevor ich sie mit meinen Augen erfasst habe, schlängelt sie sich bereits von der Fahrbahn her Richtung meinem Seitenstreifen. Mir stockt kurz der Atem. Ich bin wie paralysiert. Da ist sie schon im Dickicht verschwunden. Puh. Nun halte ich a gloans bisserl mehr an Abstand zum Grünstreifen (stark untertrieben ;-).


Etwas später gibts auch für mich Frühstück. 2 Kaffee Americano, 1 Tasse gesponsorten Tee und eine große Tüte leckeres, gehärtetes Weißbrot mit Butter und Zitronengeshmack. Als sich der Cheffe zu mir setzt, erzähle ich ihm von meinen morgendlichen Begegnungen der etwas geschuppten Art. Er wird ernst und sagt zu mir "be careful, there are also Cobras around there" und zeigt in das benachbarte grüne Terrain. Ungläubig frage ich: "There?" - "Yes!".


Dann ist auf einmal rechts der Strasse Bewegung in der Luft und in den Bäumen. Hunderte, ja vielleicht sogar Tausende von Störchen!


Irgendwie komme ich heute nicht so richtig in Tritt. Gegen 13.45 Uhr bin ich dann so von der Sonne durchgebraten, daß ich mich in der Nähe von ein paar Bananenstauden im Schatten auf eine Bank lege und gute 40 Minuten Siesta mache. Die letzten 20 km bis Sing Buri spule ich mit endzündetem Popo und Damm noch runter. Die Luft ist raus und ich will nur noch ein Zimmer. Gedanklich befasse ich mich damit in einem Kloster unterzukommen. Irgendwie zweifelhaft ob es hier ein Guesthouse gibt und noch besser: wie sieht den das betreffende Schild auf thailändisch aus ??? Ich radel zum Fluss, frage 2,3 Thais und sehe dann ein paar Farangs beim Essen. Die konkretisieren die Beschreibung des einen Thais. Zwei Minuten später habe ich ein Hotelzimmer im 5. Stock mit Blick auf den Fluss und die Ebene dahinter. In der Ferne sehe ich zum ersten Mal so etwas wie Hügel in Thailand. Der Preis für das Zimmer: 17 €. Duschen, Popo cremen, Essen gehen, Blog schreiben, schlafen. Leben und Leiden eines digitalen Radnomaden ;-)

 

P.S. Das waren heute "nur" 70 km. Aber ich muß weniger machen. Ich bin immer noch so konditioniert, wie vor 6 Jahren. 4 Wochen Zeit, dann läuft das Visa ab. Das war damals so. Heute muß ich gar nix. Habe alle Zeit der Welt. Weihnachten will ich mit Hilde in Rangoon anstossen. Bis dahin sind es ca. 800 km. Das passt selbst mit einem Tagesschnitt von 70 km. Und es wird auch kühler. Angenehmer.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Michael (Freitag, 12 Dezember 2014 12:50)

    Hi Dirk,
    freut mich hier von Dir zu lesen und wünsche Dir noch viel Kraft und möglichst viel Hornhaut am Po für Deinen restlichen Weg.
    Es grüßt der
    Aptean Michael

  • #2

    Dirk Blume (Freitag, 12 Dezember 2014 13:33)

    Hallo Michael,

    schön von Dir zu lesen und daß Du mich virtuell begleitest ;-)...das mit der Hornhaut wird langsam ...

    Schönes Wochenende ;-)

  • #3

    Olaf Fischer (Freitag, 12 Dezember 2014 20:46)

    Hi Dirk,
    wettertechnisch verpasst Du in Heumaden nichts. Bin richtig neidisch! Wünsche Dir eine tolle Zeit und viele Erfahrungen. Die Gedanken mit dem "Leben vor der Rente" kommen wohl bei jedem über 40 ;-)

  • #4

    Jürgen S aus B (Sonntag, 14 Dezember 2014 22:32)

    Hallo Großer,sieht ja bis jetzt alles ganz ordentlich aus bei Dir. Deine Berichte sind mal wieder richtig klasse. Hoffe es geht so writer. Das eine oder andere Abenteuer wartet ja noch auf Dich. Ich bin gerade in Südspanien angekommen. Und was soll ich sagen. Es gießt in Strömen. Aber das Gute ist..morgen ist es wieder super. Wenn ich überlege,wie die Daheingebliebenen im Weihnachtsstress untergehen, bin ich hier völlig tiefenentspannt wie kann es dann auch anders sein, sitze ich bei meinem Liebingsthailänder in Altea. Laab Gaai und zum Nachtisch einen Mekong. Morgen gehts zur ersten kleinen Tour auf den Berg, natürlich nicht mit Deiner Dschungeltour zu vergleichen. Ich sag dann mal hasta la vista Dirk. Keep your head up high
    VG Jürgen